Green Snake und Son Ching sind halb Menschen und halb Schlangen. Son Ching ist es nach tausendjähriger Übung gelungen
ihre reptilischen Wurzeln abzulegen und ist der absoluten Menschwerdung schon recht nahe. Bei Green Snake sieht das schon
etwas anders aus, da sie nur die Hälfte der Zeit auf Erden verbracht hat. Sie genießt ihre Wandlungsfähigkeit und den damit
verbundene Spaß. Doch manches Mal kommt auch so etwas wie Neid und Bewunderung für ihre Schwester auf, die wirkliche
Gefühle aufbringen kann.
Das macht sich sehr stark deutlich, als sich Son Ching in den jungen Hsui verliebt. Der ahnt nichts von dem Doppelleben der
beiden Frauen und genießt sein gemeinsames Glück mit Son Ching. Zur gleichen Zeit ist der Mönch Fa Hai, seines Zeichens ein
berüchtigter Geisterjäger, auf der Suche nach neuen Opfern. Er kommt den beiden Schlangenfrauen schnell auf die Spur.
An einem See wird er von der wunderschönen Green verführt und verliert dadurch seine Unschuld. Von seinem Zorn getrieben
schwört er bittere Rache und lockt sie und die inzwischen hochschwangere Son Ching in eine hinterhältige Falle. Zu spät bemerkt
er, daß er dadurch ein großes Unheil heraufbeschwört unter dem viele Menschen zu leiden haben.
Zur Hochzeit der kantonesischen Fantasywelle entstanden, gehört Green Snake ohne Zweifel zu den besseren Filmen dieses
Genres. Wie so oft bei Tsui Hark Produktionen, ist das große Manko auch hier die
Geschichte, die wenig ausgereiftes oder gar
sinnvolles zu bieten hat und in den letzten Minuten wieder einmal reichlich chaotisch wird. Mancher Nebenplot, wie der mit den
Geisterjägern, erweist sich zudem als gänzlich überflüssig und diente scheinbar nur als Füllmaterial, um den Film auf eine
bestimmte Länge zu bringen.
So steht und fällt Green Snake auch mit den visuellen Visionen seines Regisseurs. Die ersten siebzig Minuten können vor allem in
dieser Hinsicht ohne Frage überzeugen. Tsui Hark erweist sich auch hier als Meister seines Faches und präsentiert dem
geneigten Zuschauer wieder einmal eine große Ansammlung an berauschenden Bilderkompositionen und wunderbar absurden
Ideen, die Green Snake zumindest während dieser Zeit zu einem wirklich wunderschönen Fantasyfilm werden lassen. Hinzu kommt
ein beeindruckendes und wirklich erstklassiges Setdesign, daß die Wirkung der teilweise schon magischen Szenen prächtig
unterstreicht.
Seinen weiteren großen Reiz bezieht Green Snake natürlich auch durch das unnachahmliche Auftreten der beiden weiblichen
Stars, die wie immer eine Augenweide sind. Maggie Cheung und Joey Wong strahlen so viel Schönheit und Charisma aus wie nur
möglich und lassen das Storywirrwarr zumindest zeitweise vergessen. Allerdings sind auch sie nicht in der Lage, die letzte
Viertelstunde zu retten, die leider nicht nur dramaturgisch sondern auch formal unglaublich konfus geraten ist. Alles ist hier
dermaßen chaotisch und unnachvollziehbar, so daß einfach zuviel von der zuvor massenweise vorhanden Magie verloren geht.
Für Green Snake gilt letztendlich dasselbe wie für fast alle Tsui Hark Filme. Man mag sie, oder eben nicht. Für alle Fans dieses
großartigen Regisseurs dürfte der Film jedoch ohne Frage der richtige Stoff sein, denn von den angesprochenen letzten fünfzehn
Minuten einmal abgesehen, bietet Green Snake visuell betörendes Fantasykino, das die visionäre Einzigartigkeit seines
Regisseurs ein weiteres Mal untermauert.
(S.G.)
www.cinemafarest.de Alle Rechte vorbehalten |