Ga Yin und seine Freunde verlieren 1997 nach dem verlassen der britischen Truppen aus Hong Kong ihren Soldatenjob. Sie
fühlen sich von den ehemaligen
Kolonialherren verraten und verkauft. Doch auch die neue Regierung schert sich einen Dreck um die Freunde. Fortan müssen sie
sich mit Hilfsarbeiterjobs mehr schlecht
als recht über Wasser halten.
Ga Yins junger Bruder Ga Suen ist da ganz anders. Ihm ist jedes Mittel recht, um an Geld zu kommen und er versucht immer wieder
Ga Yin mit in seine Geschäfte
hineinzuziehen. Doch auch ihre Eltern legen dem eigentlich sehr rechtstreuen Exsoldaten an Herz bei den Triaden einzusteigen.
So nimmt Ga Yin letztendlich einen
Fahrerjob bei Ga Suens Triadenboß an. Seine anderen Freunde hangeln sich aber weiterhin gerade so durchs Leben. Als einer
von ihnen einen Job als Wachmann
einer Bank erhält, kommt die Idee eines Banküberfalls in ihnen auf. Nachdem auch Ga Yin und dessen Bruder zu ihnen stoßen,
nimmt dieser Plan sehr konkrete Züge an
und die Männer machen sich an die Umsetzung.
Fruit Chan ist in jeder Hinsicht einer der außergewöhnlichsten Filmemacher Hongkongs. Neben Lawrence Ah Mon und Sylvia
Chang hört er zu den wenigen in
Hongkongs Filmindustrie, die sich nicht scheuen gesellschaftskritische oder auch politische Themen in ihre Arbeiten
miteinzubringen. Das ist nicht zuletzt schon wegen
der politischen Zensur, mit der die Filmemacher nicht erst nach der Rückgabe an die VR China zu kämpfen haben, ein äußerst
löbliches und höchst anzuerkennende
Einstellung.
Zwar erreicht Chans neues Werk The Longest Summer nicht ganz die Klasse seines Vorgängers Made In Hong Kong, doch auch
er sticht noch meilenweit aus dem
üblichen Unterhaltungseinerlei heraus. So lassen sich auch bei The Longest Summer nicht mal ansatzweise Gemeinsamkeiten zu
typischen Hongkong-Produktionen
ausmachen und das leider etwas zerfahrene Drehbuch muß man schon fast als radikal bezeichnen. Es zeichnet ein unglaublich
deprimierendes Bild, der von der
britischen Kolonialregierung, nach der Übergabe an China, hemmungslos im Stich gelassenen Unter- und Mittelschicht Hong
Kongs, bei dem gleich auch die neue
Regierung ihr Fett wegbekommt. Chan beschönigt nichts und präsentiert die Stadt als kalten Dschungel, aus dem es kein
entrinnen für gescheiterte Existenzen gibt.
Freundschaft und Loyalität, die praktisch in jeder Hong Kong-Produktion zugegen sind, gibt es fast gar nicht. Jeder ist sich hier
selbst der Nächste und muß ohne fremde
Hilfe ums nackte Überleben kämpfen.
Auch visuell ordnet sich Chan seiner Geschichte unter und verzichtet fast völlig auf technischen Schnickschnack. Die hoffnungslose
Situation seiner Hauptpersonen
beschreibt er fast ausnahmslos in den dazu passenden harschen und realistischen Bildern. Allerdings läßt er bei The Longest
Summer noch einige satirische Spitzen mit
in die Geschichte einfließen. Diese humorvollen Aspekte wirken aber alles andere als deplaziert.
So kommt Fruit Chans dritte Regiearbeit als ausgesprochen runde Angelegenheit daher und kann auch auf Grund toller
Darstellerleistungen fast auf der ganzen Linie
überzeugen.
(S.G.)
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