Der junge Wissenschaftler Nagashima erforscht die Mitochondrien. Allerdings ist er von einem Durchbruch bei seiner Arbeit noch
weit entfernt. Eines Tages kommt seine Frau Kiyomi bei einem Autounfall ums Leben. Ausgerechnet an ihrem Hochzeitstag bricht
für Nagashima eine Welt zusammen. Er weiß nicht mehr ein noch aus.
Wie es der Zufall will, ist der Arzt der kleinen Mariko gerade auf der Suche nach einer passenden Spenderniere für seine Patientin.
Als man feststellt, daß Kiyomis Niere die Voraussetzungen für eine Transplantation erfüllt, versucht man Nagashima für die
Spende zu überzeugen. Doch dieser sträubt sich, bis er plötzlich eine wahnsinnige Theorie entwickelt. Er stellt Marikos Arzt eine
Bedingung. Als Gegenleistung für die Niere soll dieser auch Kiyomis Leber transplantieren und ihm aushändigen. Da bereits eine
Operation an Mariko fehlschlug und der Arzt sich dafür verantwortlich fühlt, willigt er schließlich ein und übergibt Nagashima die
Leber.
Dieser macht sich sofort wie ein Besessener an seine Arbeit. Durch ein Genexperiment, will er seine geliebte Frau mit Hilfe der
Mitochondrien in ihrer Leber neu erschaffen. Wie ein Wunder gelingt ihm dieses Experiment und er schließt Kiyomi wieder in seine
Arme. Zur gleichen Zeit gehen allerdings in Marikos Körper merkwürdige Dinge vor sich, so daß ihr Arzt Nagashima zur Rede
stellen will. Inzwischen eröffnet ihm die "wiederauferstandene" Kiyomi, oder das was er für sie hält, eine unglaubliche
Geschichte.
Nagashima erfährt plötzlich, daß alles, sei es nun der Tod von Kiyomi oder die Nierentransplantation von Mariko, von einer
scheinbar unbesiegbaren Macht, mit langer Hand vorbereitet wurde und daß er durch seine Tat den Untergang der Menschheit
heraufbeschworen hat.
Parasite Eve ist eine sehr freie japanische Variation des Frankenstein Mythos. Die Geschichte läßt allerdings die ansonsten so
beliebten Mad Scientiest-Klischees außen vor und ist ungewohnt um Realismus bemüht. Zum inhaltlichen Vergleich bietet sich hier
vielleicht am ehesten David Cronenbergs Frühwerk Rabid an.
Die Handlungen des charakterisierten Wissenschaftlers werden nicht von Machtgier, Größenwahn oder Ehrgeiz angetrieben,
sondern rein aus Liebe zu seiner verstorbenen Frau. Schon allein durch diese Ausgangssituation wird Parasite Eve relativ
außergewöhnlich und stellt eine besondere Fußnote im Genre dar. Der Wissenschaftler wird hier alles andere als dämonisiert,
sondern als eine im Grunde völlig normale Person dargestellt, die den Verlust des ihm liebsten Menschen einfach nicht verwinden
kann und nun nichts unversucht läßt, den alten Zustand des Glücks wiederherzustellen. Einzig und allein seine große Liebe treibt
ihn zu seiner höchst unethischen Tat.
Regisseur Ochiai Masayuki gelingt in diesem Zusammenhang eine sehr mitfühlende Inszenierung, die
zumindest in der ersten
Hälfte auch inhaltlich vielmehr zu bieten hat, als der gewöhnliche Genrefilm und zusätzlich noch handfeste Charaktere vorzuweisen
hat. Ein weiteres Novum ist auch, daß Parasite Eve jederzeit versucht ist, die medizinischen Experimente sachlich und glaubhaft zu
vermitteln, so daß sie zumindest realistisch erscheinen, auch wenn jeder Mediziner angesichts der hier präsentierten Thematik
wahrscheinlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen wird.
Das bei dieser komplexen Geschichte keinerlei Längen aufkommen ist auch Ochiai Masayuki großartiger Regieführung zu
verdanken, die visuell unheimlich beeindruckend, immer rechtzeitig für atmosphärische Elemente oder die nötigen Schocks sorgt.
Von seinem Inszenierungsstil aus betrachtet, wirkt Parasite Eve allerdings weniger japanisch als italienisch. In vielen Szenen
haben ganz eindeutig Mario Bava, Dario Argento und Michele Soavi Pate gestanden. Einige der zutiefst unheimlichen Momente,
stehen im direkten Bezug zu deren Arbeiten wie beispielsweise einige Szenen Parallelen zu Bavas Die Drei Gesichter Der Furcht,
Soavis La Setta und Argentos Opera aufweisen. Nichtsdestotrotz wirkt Parasite Eve keinesfalls wie eine Epigone, der nur an der
Ausschlachtung bereits gesponnener visueller Ideen interessiert ist, sondern wirkt auch formal durchaus eigenständig. Letztendlich
fügt sich alles zu einem gelungenem und stellenweise auch höchst atmosphärischen Ganzen zusammen. Aber nicht nur was die
visuelle Seite angeht, lassen sich Parallelen zu italienischen Horrorfilmen entdecken. Auch die Musik erinnert stark an die Arbeiten
von Goblin oder Claudio Simonetti.
Leider hat Parasite Eve aber neben all diesen gelungenen Elementen auch seine Kehrseite. In der letzten halben Stunde wird die
Atmosphäre zugunsten einiger gelungener aber sehr aufgesetzt wirkender CGI-Effekte deutlich zurückgefahren. Gleichzeitig gleitet
die Story immer weiter in übernatürliche Regionen ab und verliert leider sehr viel von der zuvor so gekonnt aufgebauten
Glaubwürdigkeit. Das bis dato vortreffliche Gesamtbild gerät dadurch ganz beträchtlich ins wanken, so daß ein fader
Nachgeschmack letztendlich nicht ausbleibt. Diesem enttäuschenden Ende zum Trotz, bleibt allerdings ein visuell
beeindruckender, stellenweise sehr spannender und atmosphärischer Horrorfilm, den man sich ruhig mal anschauen sollte.
(S.G.)
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