Nach dem gemeinsamen Mittagessen in einem Restaurant gehen die hübsche Saori und ihr Mann Takayuki, ein erfolgreicher Geschäftsmann, zur Kasse. Während er
die Rechnung begleicht verlässt sie schon das Restaurant. Als er das Haus eine Minute später verlässt ist Saori spurlos verschwunden. Da sie sich sowieso nur zum
Essen in seiner Mittagspause treffen wollten, macht er sich allerdings keine weiteren Gedanken und geht zurück ins Büro.
Einige Stunden später bekommt er dort einen mysteriösen Anruf. Ein Unbekannter teilt ihm mit, dass er Saori entführt habe und fordert nun ein Lösegeld von 30 Mio. Yen
für ihre Freilassung. Takayuki will die Summe zahlen, schaltet aber gleichzeitig auch die Polizei ein. Die geplante Geldübergabe kommt allerdings nicht zustande, da der
Entführer einfach nicht am verabredeten Ort erscheint.
Langsam aber sicher beginnt Takayuki an den Aussagen des Entführers zu zweifeln und er wittert das mehr hinter dieser scheinbar "normalen" Entführung stecken muss.
Auch die ermittelnden Polizisten trauen dem Braten nach mehreren Gesprächen mit dem Ehemann nicht mehr richtig und sie beginnen ihrerseits Takayuki genauer unter
die Lupe zu nehmen. Nach und nach fördert der Fall ein Netz aus Lügen und Intrigen zutage, indem auch das vermeintliche Opfer, Saori, eine entscheidende und gar
nicht mehr so unschuldige Rolle spielt.
Nach dem märchenhaften Sleeping Bride besinnt sich Nakata Hideo mit dem Thriller Chaos langsam
wieder auf seine filmischen Wurzeln. Obwohl es sich auch bei diesem Film um keinen Horrorstreifen handelt, ist Chaos im Gegensatz zum zuckersüßen Vorgänger
wieder ein richtig düsterer und in vielerlei Hinsicht auch gemeiner Film geworden.
Einen handelsüblichen Thriller sollte man hier allerdings auch nicht erwarten. Meint man in den ersten Minuten noch einem ziemlich wirren Vertreter des Genres
beizuwohnen, beginnt der frustrierte Zuschauer nach dem dritten oder vierten Szenenwechsel so langsam zu begreifen, dass Nakata seinen Filmtitel hier zum Programm
erklärt hat und der Betrachter einer bis ins kleinste Detail ausgeklügelten Angelegenheit beiwohnt.
Der Regisseur wirft jeden Ansatz von zeitlicher Dramaturgie über Bord und wechselt ohne auch nur einen kleinen Hinweis zu geben die Zeitebenen. Es dauert wie schon
erwähnt etwas, bis sich dem Zuschauer dieses komplizierte Konzept richtig erschließt. Nakata macht es einem in dieser Hinsicht wahrlich nicht einfach. Rein gar nichts ist
hier wie es scheint. Jede seiner Hauptpersonen verfolgt eine eigene Intentionen bei diesem doppelgründigen Spiel, die nach und nach ans Licht kommen und Chaos
von einer Minute zur nächsten in einem völlig anderen Licht dastehen lassen. Puzzleartig fügt Nakata die Geschichte dabei Stück für Stück zusammen, führt den
Zuschauer dabei aber immer wieder in die Irre, bis erst am Schluss alles mehr oder weniger einen Sinn ergibt. Hat man als Zuschauer dieses komplizierte
Handlungsgeflecht erst einmal durchschaut, entwickelt sich Chaos zu einer hochinteressanten und mitreißenden Angelegenheit. Konsequent und sehr geschickt spielt er
auf gewagte Weise mit den verschiedenen Handlungsebenen und bleibt dabei, bis auf kleinere Fehler, die bei einer derart kompliziert aufgebauten Geschichte wohl
kaum auszuschließen sind, erstaunlich logisch. Etwas enttäuschend ist lediglich das Ende ausgefallen, dass die hohen Erwartungen die sich im Laufe des Films
aufgestaut haben nicht mehr so recht erfüllen kann.
Sehr gelungen präsentiert sich auch die formale Umsetzung. Nakata nimmt sich wie gewohnt zurück und liefert eine gekonnte Inszenierung, die ohne technische
Spielereien auskommt und für einen stetig präsenten bedrohlichen Unterton sorgt. So ist Chaos letztendlich ein hervorragender, aber auch sehr schwer zugänglicher
Thriller, mit dem der Regisseur ein weiteres Mal beweist, genau das richtige Händchen für eine atmosphärisch dichte Umsetzung eines Romanstoffes zu haben.
(S.G.)
- Der Ring Virus - Das neue Phantastische Kino aus Japan
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