Eine zunächst nicht identifizierbare Wasserleiche sorgt für Unruhe bei der Polizei. Der junge Cop Oh bekommt den Fall zugewiesen und erweist sich bei seinen
Ermittlungen schnell als gewaltverliebter Zeitgenosse. Durch seine harte Vorgehensweise kann er das Rätsel um die Identität des Toten allerdings schnell lösen. Das
Opfer hieß Yang, ein an die siebzig Jahre alter bettelarmer Junkie. In dessen Wohnung stößt Oh auf ein altes Foto des Toten, das ihn mit seinen Schulfreunden zeigt.
Hier setzt er mit seinen Ermittlungen an.
Zusammen mit einem Kollegen reist er auf die Insel Geoje, wo sich das ehemalige Schulgebäude, vor dem besagtes Foto geschossen wurde, befindet. Dort machen
die Polizisten schnell einen der ehemaligen Mitschüler des Toten ausfindig. Leider ist der bereist verstorben. Doch sein Sohn übergibt den Cops sämtliche Unterlagen
des Vaters. Darunter befindet sich auch ein Tagebuch, dass eine gewisse Sohn Yi Hye während des fünfzig Jahre zurückliegenden Koreakrieges geführt hat.
Auf der Rückfahrt geraten die Cops in einen Hinterhalt und Ohs Kollege wird von einem professionellen Killer getötet. Jetzt ist sich der junge Polizist sicher. Der Schlüssel
zur Lösung des Falles muss im Tagebuch und dem Foto zu finden sein. Beim durcharbeiten des Buches stößt Oh auf eine erschütternde Tragödie, die schnell mehrere
Personen in den Kreis der Verdächtigen rücken lässt. Ganz besonders Hwang Seok gerät schnell in das Blickfeld des Ermittlers, ist er doch nur kurz vor Yangs
Ermordung, nach fünfzig Jahren Einzelhaft, aus dem Gefängnis entlassen wurden.
Doch Oh kann keine wirklichen Beweise gegen Hwang vorlegen. Als er jedoch die Schreiberin des Tagebuchs ausfindig machen kann und zur Rede stellt, scheint er
das entscheidende Stück zur Lösung des Puzzles gefunden zu haben.
Geschichten um Konfliktsituationen zwischen den beiden verfeindeten Koreas waren in den letzten Jahren in Südkorea ein Garant für volle Kinosäle. Vor allem Filme wie
Shiri oder Joint Security Area stellten, mal mehr mal weniger anspruchsvoll, zwei interessante und sehenswerte
Aspekte dieser Thematik dar. In eine ähnliche Kerbe versucht auch Bae Chang Ho, einer von Südkoreas erfolgreichsten Regisseuren der 80er Jahre, mit Last Witness
zu schlagen, der seine Rückkehr zum großangelegten Kommerzkino bedeuten sollte. Obwohl sein Film nicht ganz die Qualitäten der beiden Produktionen erreicht, bietet
er doch über weite Strecken eine dramatische und sehr sehenswerte Genremischung.
Vor allem auf der formalen Ebene ist die Produktion über jeden Zweifel erhaben. Visuell zeigt der Regisseur den koreanischen Jungfilmern was eine Harke ist.
Zumindest in dieser Hinsicht bietet Last Witness richtig großes Kino. Der Film besticht vor allem durch eine düster atmosphärische Grundstimmung, erstklassiges
Setdesign und tolle Locations, die Kameramann Kim Yun Su in erlesene Bilder einzufangen wusste. Darüber hinaus ist Baes Inszenierung packend genug, um für
ausreichend mitreißende Momente zu sorgen. Die visuelle Klasse von Last Witness macht sich dann vor allem auch in den packenden Actionszenen bemerkbar. Ganz
besonders der glänzend in Szene gesetzte Ausbruch aus dem Kriegsgefangenenlager ist hier deutlich hervorzuheben. Mit viel Zeitlupe und großem Kunstbluteinsatz
eingefangen, dürfte hier jeder passionierte Actionfans mit der Zunge schnalzen.
Inhaltlich ist Last Witness dagegen nicht unbedingt der ganz große Wurf. Die Mischung aus Action-, Kriegs-, Liebesfilm, Drama und Thriller ist insgesamt doch etwas zu
viel des guten und will sich zu keiner wirklich homogenen Einheit zusammenfügen. Vor dem Hintergrund des Bürgerkrieges erzählt der Regisseur eine Geschichte, die
sich über einen Zeitraum von fast fünf Jahrzehnten erstreckt. Während in der Gegenwart Cop Oh durch seine Ermittlungen nach und nach immer mehr Details einer
Tragödie ans Tageslicht fördert, werden diese dem Zuschauer immer wieder in Rückblenden näher gebracht. Eigentlich ist das ganz reizvoll, doch kommen dadurch
auch einige größere Schwächen von Last Witness zum Vorschein. Der Film wirkt durch seine vielen Zeitsprünge mitunter etwas uneinheitlich. Zum anderen steht die
tragische, mit reichlich Pathos versehene Liebesgeschichte während der Kriegswirren, reichlich konträr zu den auf cool getrimmten Ermittlungen des Cops. Trotzdem,
Last Witness bleibt auch hier recht sehenswert. Die sentimentale Liebesgeschichte dürfte für den ein oder anderen Geschmack zwar schon zu viel des guten sein,
doch ihre Wirkung verfehlen diese dramatischen Szenen nur sehr selten. Die Tragik der Figuren trifft einfach den Nerv des Zuschauer. Da lässt sich die ein oder andere
pathetische Einlage schon mal verzeihen.
Je näher der Film dann auf die Auflösung zusteuert, desto mehr hat Last Witness aber auch mit Logik- und Glaubwürdigkeitsproblemen zu kämpfen. Das Finale kann der
Erwartungshaltung des Zuschauers kaum standhalten und ist letztendlich wenig überzeugend ausgefallen. Dagegen nimmt sich das Manko des kaum vorhandenen
Alterungsprozesses, den die Figuren in einer Zeitspanne von nahezu Fünfzig Jahren eigentlich durchmachen müssten, schon wesentlich bedeutungsloser aus. Obwohl
sie nun wirklich nicht so aussehen, als hätten sie an die siebzig Jahre auf dem Buckel, gelingt es den gutaufgelegten Darstellern eigentlich recht gut, diese Schwäche zu
überspielen.
Trotz einiger inhaltlicher Abstriche bietet Last Witness phasenweise richtig packendes Big Budget Kino, das schon allein durch seine wunderbare visuelle Gestaltung
absolut sehenswert ausgefallen ist.
(S.G.)
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