Die Anfänge

Der Horrorfilm in Japan blickt mittlerweile auf eine lange Tradition zurück und ist fast so alt, wie das japanische Kino an sich. In dessen Kindertagen waren vor allem die auf klassischen Bühnenstücken basierenden Kabuki Dramen äußerst populär, von denen viele eine Geistergeschichte zum Inhalt hatten. Die berühmteste, YOTSUYA KAIDAN, wurde 1825 von Nanboku Tsuruya als Theaterstück verfasst. Gut einhundert Jahre später, im Jahre 1927, wurde sie dann zum ersten Mal verfilmt.

Nanbokus Geschichte, die bis heute mit weit über 25 Kinoadaptionen bedacht wurde, handelt von Oiwa, einem nach Rache dürstenden Geist in Frauengestalt, die ihren Ehemann für seine Untaten bestraft. Diese in Japan unter den Namen Yurei (rachsüchtiger Geist) bekannte Figur, eröffnete eine lange Tradition von ganz in weiß gekleideten weiblichen Geistern, die auch in aktuellen Genreproduktionen immer wieder zu finden sind. Das beste Beispiel dafür ist sicherlich die inzwischen schon als legendär einzustufende Sadako aus Nakata Hideos The Ring-Verfilmung.

Im Laufe der Jahrzehnte konnten die immer beliebter werdenden Samurai Dramen den Kabuki Filmen in der Zuschauergunst allerdings schnell den Rang ablaufen. Nach der japanischen Kapitulation im Zweiten Weltkrieg änderte sich dies allerdings schlagartig, da die heroischen Krieger den Zensoren der alliierten Siegermacht ein Dorn im Auge waren, so dass man sie kurzerhand verbieten ließ. Diese politischen Zwangsmaßnahmen sorgten gleichzeitig für einen neuen Boom an Geisterfilmen, die von den großen Studios wie Daiei, Toei and Shintoho billig hergestellt und in den 50er Jahren in großer Zahl in die Kinos gebracht wurden. Dort liefen sie trotz ihres Low Budget Charakters sehr erfolgreich auf den Leinwänden.

Mitte des Jahrzehnts war die große Zeit für dieses Genre aber auf einen Schlag vorbei, als im Jahr 1954 ein Ungetüm die Leinwand erblickte, das sich zur erfolgreichsten japanischen Kinoserie aller Zeiten entwickeln sollte. Die charmante Bestie GODZILLA trieb die Leute in den folgenden Jahren Scharenweise in die Kinos und brachte es bis heute auf unzählige Fortsetzungen, Nachahmer und ein dröges US-Remake. Gegenüber diesem tonnenschweren Ungetüm fristeten die anderen Bereiche des Phantastischen Kinos, vor allem nach kommerziellen Gesichtspunkten, ein unbedeutendes Nischendasein, bis eine neue Welle von Geister- bzw. Horrorfilmen anlaufen sollte, von denen einige heute zu den großen Klassikern des japanischen Genrekinos gezählt werden müssen.

Neben den beiden ausgezeichneten Filmen von Nakagawa Nobuo JIGOKU (1960) und TOKAIDO YOTSUYA KAIDAN (1959) und der YOTSUYA KAIDAN (1965) Verfilmung von Toyota Shirou, ist das vielleicht herausragendste Werk dieser Epoche, der von Kobayashi Masaki inszenierte KWAIDAN (KAIDAN [1964]). Komplett im Studio gedreht, war der Film damals die teuerste japanische Produktion aller Zeiten. Die brillante Ausstattung in Verbindung mit den erlesenen Cinemascope Bildern, machen diesen Episodenfilm auch heute noch zu einem einzigartigen visuellen Erlebnis erster Güte, bei dem man jede einzelne Einstellung als kleines Kunstwerk bezeichnen muss. Ein echter Klassiker des japanischen Kinos.

In den folgenden Jahren flauten Genrewerke mit einer rein klassischen Ausrichtung aber immer weiter ab und machten Platz für die sich immer größerer Beliebtheit erfreuenden Yakuza-Filme. Das Horrorgenre selbst erlebte in diesen Jahren einen radikalen Wandel und mit Filmen wie HELLISH LOVE (1972) und WATCHER IN THE ATTIC (1976) hielten verstärkt sexuelle und sadistische Aspekte in die Produktionen Einzug.

 


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