Ming und Yan treten zur selben Zeit zwei eher ungewöhnliche Posten an. Der eine bei der Polizei, der andere bei den Triaden, arbeiten sie jeweils als Informant für die
andere Seite. Zehn Jahre später haben beide wichtige Positionen auf den unterschiedlichen Seiten des Gesetzes inne.
Bis dato fühlten sie sich in ihrer Rolle als Maulwurf relativ sicher. Das ändert sich allerdings schlagartig, als Yan einen von seinem Boss Sam geplanten Drogendeal an
seinen Verbindungsmann Huang bei der Polizei weitergibt. Nun will man Sam und seine Männer bei der Übergabe in eine Falle locken und ein für allemal dingfest
machen. Doch es kommt alles anders als geplant. Ming, der eine leitende Position beim Polizeieinsatz einnimmt, kann Sam in allerletzter Sekunde warnen.
Jetzt wird dem Gangsterboss wie auch seinem Gegenspieler bei der Polizei klar, dass man einen Informanten der jeweils anderen Seite in den eigenen Reihen haben
muss. Das wichtigste Ziel lautet nun für die beiden Männer, den Verräter zu enttarnen. Ming und Yan werden nun von ihren Bossen beauftragt den jeweils anderen
Maulwurfs zu enttarnen.
So kann es gehen. Da fabriziert Andrew Lau eine unerträgliche Trashgurke nach der anderen und urplötzlich zaubert der Mann mit Infernal Affairs so mir nichts dir nichts
einen der besten und mitreißendsten Hongkong Filme der letzten Jahre aus dem Hut. Gemeinsam mit Alan Mak, nach Nude Fear und A War Named Desire sicherlich einer der
vielversprechendsten Jungregisseure Hongkongs, der sich zusammen mit Felix Chong auch für das Drehbuch verantwortlich zeigte, präsentiert er einen in edler Optik
gehaltenen Thriller, der sich zum absoluten Knüller an den Kinokassen entwickelte. Absolut zurecht muss man sagen, denn Infernal Affairs bietet in jeder Hinsicht
überzeugende Unterhaltung, die weit über dem Durchschnitt ähnlicher Produktionen liegt.
Einen der besonderen Höhepunkte der Produktion bildet zweifelsfrei das Zusammenspiel der ganz exzellenten Besetzung. Keine zwei Jahre nach seinem Auftritt in
Johnnie Tos Fulltime Killer gibt der Liebling von Hongkongs Schwiegermamas, Andy Lau, zum zweiten
Mal
den Bösewicht und ist mit sichtlichem Spaß bei der Sache. Charismatisch wie eh und je meistert er seine wesentlich differenzierter als üblich angelegte Rolle tadellos.
Zweifelsfrei eine seiner bisher besten Leistungen. In Topform präsentiert sich auch sein Gegenspieler, Tony Leung Chiu Wai, der seine Rolle gewohnt souverän meistert
und wie immer eine Klasse für sich darstellt. Wie von einer anderen Welt erscheinen auch die Auftritte der Nebenakteure Anthony Wong und Eric Tsang, die sich in ihren
gemeinsamen Szenen immer wieder gegenseitig übertreffen. Vor allem bei ihrem großartigen Auftritt in der Polizeistation kann man als Zuschauer einfach nur mit der
Zunge schnalzen. Da knistert es gewaltig. Im Gegensatz zu dieser männlichen Übermacht präsentieren sich die Frauenfiguren dagegen ausnahmslos schwach. Kelly
Chan wie Sammi Cheng gehen hier höchstens als schmückendes Beiwerk durch, da ihre Charaktere jegliche Substanz vermissen lassen.
Sieht man aber einmal von diesem Manko und einigen kleineren Logikpatzern ab, dann kann Infernal Affairs auf der inhaltlichen Ebene absolut überzeugen. Bei einem
Genrefilm aus Hongkong ist das eigentlich alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Obwohl die ganze Thematik wirklich nicht neu ist und die Fronten bereits nach
den ersten Minuten geklärt sind, versteht es das Drehbuch immer wieder zu überraschen. So ist Infernal Affairs auch eindeutig mehr als nur der typische Thriller von der
Stange. Die Actionszenen, und das ist für eine Produktion aus Hongkong nicht minder ungewöhnlich, spielen eher eine untergeordnete Rolle. Auf das nötigste
reduziert,
sind sie eher realistisch als rasant gehalten. Das Hauptaugenmerk der beiden Drehbuchautoren lag hier vielmehr auf einer glaubhaften Figurenkonstellation und dem
Ziel, den Zuschauer allein durch eine mitreißende Handlung zu fesseln. Ein Unternehmen, dass sie zu weiten Teilen hervorragend in die Tat umsetzen konnten.
Es ist ihnen wirklich vorzüglich gelungen, den Film immer wieder in eine neue Richtung zu lenken und so für reichlich Spannung zu sorgen. Dank zahlreicher
unvorhersehbaren Wendungen bleibt dabei für Langeweile einfach keine Zeit. Zum anderen ist das Drehbuch auch komplex genug, um die typischen Klischeefallen
geschickt zu umfahren. Die Figuren lassen sich beispielsweise kaum in das klassische Gut gegen Böse Muster pressen, so dass sich die genretypische
Schwarzweißmalerei hier nur ganz selten finden lässt. Größtenteils sehr differenziert und vielschichtig gezeichnet, sorgen die undurchsichtigen Charaktere immer wieder
für unvorhergesehene Schachzüge, die Infernal Affairs zusätzliche Spannungsmomente bescheren. Dadurch entwickelt sich ein sorgfältig konstruiertes
Katz-und-Maus-Spiel, bei dem ein hoher Grad an Suspense garantiert ist.
Nicht zuletzt ist es aber auch die formale Kompetenz, die Infernal Affairs zu einer sehr sehenswerten Angelegenheit macht. Die Inszenierung ist gerade für Andrew Laus
Verhältnisse erstaunlich souverän ausgefallen und erreicht phasenweise eine nicht zu unterschätzende Klasse. Im Grunde genommen sind Szenen wie die von der
Polizei überwachte Drogenübergabe eigentlich ganz simpel. Doch gerade diese scheinbar weniger spektakulären Momente vermochten Lau und Mak bei Infernal
Affairs mit hohem dramaturgischen Gespür in Szene zu setzen und daraus eine mordspannende Angelegenheit werden zu lassen.
Andrew Lau, ein eigentlich gerade mal durchschnittlich begabter Regisseur, war bis dato weniger für sein inszenatorisches Geschick als eher durch ein riesiges Ego und
das unzweifelhaft vorhandene Gespür für kommerziell erfolgreiche Stoffe aufgefallen. Selbst in seinen besseren Arbeiten, hatte dieser Mann nicht etwas annähernd so
intensives wie die eben angesprochene Szene zustande gebracht. Die formale Finesse, die man bei der Umsetzung von Infernal Affairs hat walten lassen,
kommt so schon ein wenig überraschend. In diesem Zusammenhang spricht also vieles dafür, das sein ungleich talentierterer Koregisseur Alan Mak einen weitaus
größeren Einfluss auf die Inszenierung ausüben konnte, als man das zunächst erwarten durfte.
Im Grunde spielt diese Rollenverteilung aber auch nur eine untergeordnete Rolle. Wichtig ist letztendlich, dass wir es bei Infernal Affairs mit einem edel inszenierten
Thriller zu tun haben, der praktisch in jeder Hinsicht überzeugen kann. Die Kameraführung, hierbei hatte der große Christopher Doyle eine beratende Funktion
inne, ist höchst elegant und schwelgt in großartigen Bildern. Der elegant kühle Look, sorgt für eine spürbar düstere und fast ausweglose Atmosphäre, der man sich als
Zuschauer kaum entziehen kann. Für das Sahnehäubchen sorgt dann wieder einmal Danny Pang, der zusammen mit Bruder Oxide mit The Eye erst kürzlich einen eigenen sehr empfehlenswerten Spielfilm abliefert hat, mit seinem erstklassigen Schnitt.
Ein spannender und bemerkenswerter Thriller, wie ihn das kommerzielle Hongkong Kino schon seit vielen Jahren nicht mehr hervorgebracht hat. Spannend, intensiv und
mit einer brillanten Darstellerriege gesegnet, bietet Infernal Affairs allerbeste Unterhaltung.
(S.G.)
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