CFE: Worin liegt ihrer Meinung nach der besondere Unterschied zwischen dem japanischen und dem westlichen Horrorkino?

TN: Das ist eine schwierige Frage. Ich denke, das westliche Genrekino ist von sehr körperlicher Natur. In Japan spielt sich der Horror dagegen sehr viel stärker auf der physischen Ebene ab. Natürlich gibt es hier auch Ausnahmen. Beispielsweise lassen Jack Clayton´s THE INNOCENTS (1961), Robert Wise´s THE HAUNTING (1963) oder auch der aktuelle THE OTHERS von Alejandro Amenábar durchaus Gemeinsamkeiten mit dem japanischen Horrorkino erkennen.

CFE: Die Verfilmung von Mangas ist sehr populär in Japan. Können sie mir sagen, warum dem so ist?

TN: Das ist sehr einfach zu beantworten. Wir Japaner lieben unsere Mangas einfach über alles (Lachen). Das wissen natürlich auch die Filmproduzenten, so dass die große Anzahl von Adaptionen einfach nur eine logische Konsequenz daraus ist.

CFE: Haben sie selbst schon irgendwelche Mangas verfilmt?

TN: NOROWARETA BIJOTACHI: AKURYOU KAIDAN, GAKKOU NO KAIDAN TATARI SUPESHARU und RING 0: BIRTHDAY basieren alle auf Comics. Bei diesen drei Filmen habe ich mich immer sehr nah am Original orientiert. Man muss sich als Regisseur einer Comic Verfilmung schon im vorhinein darüber klar sein, dass die eigenen Möglichkeiten sehr eingeschränkt sind, da man bereits durch die visuelle Gestaltung der Vorlage sehr festgelegt ist.

Eine weitere Manga Verfilmung ist BOUREI GAKKYUU (Anm.: A HAUNTED SCHOOL), dessen Comic ein Jahr vor dem Entstehen des Films erschienen ist. Dieses Heft wird oft als Begründer der Gruselcomics in Japan bezeichnet. Wie auch immer. Hier habe ich die Vorlage jedenfalls nicht originalgetreu verfilmt, sondern den Comic in die Handlung des Films integriert. Er selbst wird dort zum direkten Auslöser für all den Horror, den die Akteure über sich ergehen lassen müssen. Neben dem Originalcomic hat hier übrigens auch sein Autor einen kleinen Auftritt, indem er sich selbst spielt.

CFE: Mit Ring 0: Birthday, dem Prequel zu The Ring, konnten sie 2000 ihren ersten Kinofilm realisieren. Wie kamen sie zu diesem Projekt?

TN: Takahashi Hiroshi, der Drehbuchautor von THE RING, kannte und mochte meine vorangegangen Arbeiten und machte die Produzenten von RING 0: Birthday auf mich aufmerksam. Da sie auch großen Gefallen an meinen Filmen fanden, sind sie direkt auf mich zugekommen und wollten mich unbedingt als Regisseur für diesen Film gewinnen.

CFE: Konnten sie den Film ganz nach ihren Vorstellungen verwirklichen oder gab es von Seiten der Produzenten gewisse Vorgaben?

TN: Die Produzenten schätzen meine bisherigen Arbeiten sehr, so dass sie mir volle künstlerische Freiheit bei der Umsetzung des Stoffes gewährten. Es war insgesamt eine sehr zufriedenstellende Zusammenarbeit, geprägt von großem beidseitigem Respekt.

CFE: Sie sind sie mit dem Endergebnis von RING 0: BIRTHDAY zufrieden?

TN: Eigentlich bin ich mit dem fertigen Film sehr zufrieden. Von Seiten der Produzenten gab es allerdings eine Vorgabe bezüglich der Laufzeit, so dass ich aus Straffungsgründen ein paar Szenen kürzen musste. Das ist zwar etwas bedauerlich, doch im Großen und Ganzen kann ich mich mit dem Film auch so noch voll identifizieren.

CFE: Im Jahr darauf folgte dann ihr zweiter Kinofilm KAKASHI. Erzählen sie uns doch bitte etwas über die Hintergründe dieser Produktion.

TN: Mit KAKASHI wollte ich in erster Linie meinen Respekt vor der Arbeit John Carpenters zum Ausdruck bringen. Zum anderen war es meine erste Zusammenarbeit mit einem ausländischen Produzenten (Anm.: Emporers Media Group aus Hongkong). Dieses Joint Venture war eine neue und insgesamt auch sehr schöne Erfahrung für mich. Gerade der Aspekt japanische und ausländische Darsteller zusammenzubringen war sehr reizvoll und im Ergebnis auch sehr angenehm.

CFE: KAKASHI, bedient sich einiger Elemente, die sich auch in vielen japanischen Horrorfilmen wie THE RING und natürlich in den großen Klassikern des Genres entdecken lassen. Ein mysteriöse schwarzhaarige Frau auf der Suche nach Rache. Warum ist genau dieses Element so populär im japanischen Genrekino?

TN: Was die Frau mit ihren langen schwarzen Haaren anbetrifft, das würde ich nicht unbedingt als ein typisches japanisches Element im Horrorkino bezeichnen. Beispielsweise taucht auch in amerikanischen Produktionen wie THE INNOCENTS [1961] und GHOST STORY [1981] (Anm.: John Irvin) ein ganz ähnlicher Geist in Frauengestalt auf.

Was allerdings das rachsüchtige Herz der Frau angeht, ist dass eine zutiefst japanische Eigenschaft, die sich aus der jahrhundertealten Tradition des Kabuki Theaters heraus entwickelt hat. Dieses Element stellt auch heute noch einen enorm wichtigen Faktor im japanischen Geisterkino dar. Das liegt insbesondere darin begründet, dass sich die japanischen Männer in der Regel vor allzu tiefen Bindungen mit Frauen fürchten. Trotzdem möchte ich auch dieses Element nicht ausschließlich auf das japanische Kino beschränken. Man betrachte sich da nur FATAL ATTRACTION [1987] (Anm.: Adrian Lyne), der thematisch ganz ähnlich gelagert ist.

 


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